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Das BGH-Urteil vom 28. Mai 2020 und Cookieless Future?
Alternative Wege für datengetriebenes Marketing
"Das Setzen von Cookies erfordert die aktive Einwilligung des Internetnutzers", urteilte der EuGH bereits am 1. Oktober 2019 in einem Verfahren gegen einen Online-Gewinnspielbetreiber (Az. C-673/17).
Seit dem 28. Mai 2020 steht nun nach Entscheid des BGH (I ZR 7/16 – Cookie Einwilligung II) in Deutschland fest, dass diese aktive Einwilligung durch den Nutzer deutlich weniger Interpretationsspielraum zulässt, als vielleicht von vielen Werbetreibenden bisher erhofft: Bei der Abfrage der Einwilligung zur Nutzung von Cookies durch Websitebetreiber oder Drittanbieter sind vorab angekreuzte Kästchen rechtswidrig.
Nach bisheriger Rechtslage konnte sich noch auf den DSGVO Grundsatz von “berechtigtem Interesse” (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) berufen werden, da eine konkretisierende Rechtsprechung ausstand. Durch die unkonkrete Definition des “berechtigten Interesses” erlaubte dieser Grundsatz die Auslegung, dass die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten, durch beispielsweise Werbetreibende, unter bestimmten Gesichtspunkten möglich sei.
Nach dem neuen Urteil des BGH stellt sich besonders im Bereich des digitalen Marketings nun die Frage, wie es mit dem datengetriebenen Marketing künftig weitergeht.
Bedeuten die Rechtsprechungen das Ende der Vision vom One-to-One Marketing, des Vormarsches von Programmatic, Dynamic Creative Optimization und der “Data first”-Philosophie?
Glücklicherweise nicht zwangsläufig. Zum einen werden uns Cookies noch eine ganze Weile begleiten, auch wenn der Trend sinkender Reichweiten bei Cookie-basierten Datensegmenten sich fortsetzen dürfte. Man sollte dabei nicht vergessen, dass Cookies nicht als reine Marketing-Technologie entstanden sind, sondern vielmehr eine wichtige Voraussetzung für gängige Internet-Funktionalitäten, wie die Speicherung von Warenkörben oder Passwörtern, darstellen, die zu einem besseren Nutzererlebnis beitragen.
Zum anderen sind Daten auch keinesfalls mit Cookies gleichzusetzen. Alternative Datenpunkte und Targetings, die keine persönlichen Informationen über die User enthalten und dennoch eine Relevanzsteigerung der Werbebotschaft ermöglichen, sind vielfältig. Diese reichen von der umfeldbasierten Ansprache und kontextuellem Targeting bis hin zu Daten, wie Geolocation, Wetter, Live-Events u.v.m.
Bei der Identifikation von Touchpoints und der Festlegung von Targetings spielen Erkenntnisse der Marktforschung zudem eine entscheidende Rolle: Welches Device nutzt die Zielgruppe überwiegend, welche Umfelder sind relevant, zu welcher Uhrzeit und zu welchen Anlässen surft die Zielgruppe bzw. ist empfänglich für die Werbebotschaft? Dieses Vorgehen ist bereits aus der klassischen Mediaplanung bekannt und eine dedizierte Zielgruppenanalyse gehört ohnehin zu jeder Strategiefindung zwingend dazu.
Sinkende Reichweiten im Bereich Data Targeting können auch durch Mobile IDs ausgeglichen werden. Diese bleiben als recht persistente User Identifier bisher, bei DSGVO-konformer Verarbeitung und Verwendung, von der aktuellen Rechtsprechung unangetastet und sind daher für Werbetreibende besonders wertvoll. Insbesondere aufgrund des immer weiter steigenden mobile Traffics ist dies eine relevante Alternative. Auch Vermarkter-Daten und Pre-targeted Deals können wieder an Bedeutung gewinnen.
Daher können wir weiterhin die Mehrheit der Kampagnen datengetrieben aufsetzen und ausspielen. Mediastrategien sowie Kampagnen Setup, die das datengetriebene Vorgehen ermöglichen, werden sich jedoch verändern. Entscheidend ist dabei die Auswahl an passenden Ansätze, Targetings und Anbieter, um die Zielgruppe optimal zu erreichen.
Ebenso wichtig hervorzuheben ist, dass Programmatic Advertising auch ohne Cookie-Data enorme Vorteile mit sich bringt.
Auch wenn die Datennutzung und dabei insbesondere Cookie-basiertes Targeting, einen wesentlichen Baustein und zugleich einen wichtigen Vorteil in der programmatischen Aussteuerung darstellt: Bei Programmatic handelt es sich in erster Linie um eine Art des zentralisierten Media-Einkaufs, welcher neben Einkaufseffizienzen auch die Kontrolle in der Aussteuerung sowie Analyse- und Optimierungsmöglichkeiten in die Hände von Advertisern bzw. Agenturen legt.
Abseits der Cookie-basierten Datensegmente gibt es also noch zahlreiche Möglichkeiten aus dem sich kunden- und produktspezifisch bedient werden kann, um weiterhin relevante und effiziente Digitalkampagnen umzusetzen.
Targeting ist unabdingbar, um Streuverluste zu minimieren und die Relevanz in der Aussteuerung zu erhöhen. Eine starke Kreation, relevanter Content und gutes Storytelling werden jedoch auch weiterhin eine tragende Rolle spielen und aufgrund der jüngsten Entscheidungen auch künftig ein essenzieller Baustein des Onlinemarketings bleiben.
Nachdem neben den Cookie Restriktionen durch Firefox und Safari auch Google Chrome angekündigt hat, Third-Party Cookies ab 2022 nicht mehr zu unterstützen und eigene Lösungen zu entwickeln, wird die branchenweite Suche nach Alternativen noch an Fahrt aufnehmen. Die zwingende Notwendigkeit nach alternativen Lösungen ergibt sich auch daraus, um künftig nicht noch stärker von Google oder Facebook als großen Playern mit eigenen Lösungen und First-Party User Data, abhängig zu sein.
Alternative ID-Lösungen gewinnen hier ebenso an Bedeutung, wie das Thema Allianzen. Alle Akteure sollten dabei ein natürliches Interesse an einheitlichen branchenübergreifenden Lösungen und einem fairen Diskurs haben, um insbesondere das Thema Programmatic und die zentrale Aussteuerung von Kampagnen, nicht zusätzlich zu den rechtlichen Vorgaben, durch eine zunehmende Fragmentierung des Marktes ad absurdum zu führen.
Was bedeutet das BGH-Urteil nun für Advertiser und Website-Betreiber?
Zusätzliche Player wie Consent Management Plattformen (CMPs), eigene Consent-Lösungen sowie Daten-Partnerschaften gewinnen an Relevanz.
Zudem gilt für Website-Betreiber und Advertiser nun zwingend: Es muss sichergestellt werden, dass keine Cookies gesetzt oder anderweitig Daten erhoben werden, bevor der Nutzer aktiv das Einverständnis gegeben hat. Die Beratung durch einen Fachanwalt ist bei komplexeren Datenverarbeitungsprozessen und bei Unklarheiten unabdingbar.
Auch Analysetools wie Google Analytics sind vom neuen BGH-Urteil explizit betroffen. Es ist davon auszugehen, dass das Tracking zunehmend nur einen Bruchteil der realen Website-Aktivitäten abbilden kann und entsprechend mit Vorsicht interpretiert werden muss. Alternative Attributionsmodelle werden in Zukunft stärker gefragt werden, hierzu haben wir in der Vergangenheit eine Methode entwickelt, die Online- und Offline-Daten cookieunabhängig zu nutzen.
Die Beratung durch eine Onlinemarketing-Agentur mit umfassender Expertise im Bereich Digital Media und Data wird bei der zunehmenden Komplexität und Fülle an Möglichkeiten immer wichtiger. Ein kompetenter Partner an Ihrer Seite hilft bei der Suche nach alternativen Lösungen, der Auswahl des passenden Tech Stacks, präzisen Tracking- und Campaign Setups sowie bei der Auswahl und Interpretation der geeigneten KPIs.
Wir als fischerAppelt, performance sind digitale Querdenker und Teil der Creative Content Group fischerAppelt. Wir wissen, dass nur ganzheitliche und kollaborative Ansätze eine Zukunft haben und beraten Sie gerne.
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