Eine Frau mit mittellangem Haar lächelt in die Kamera, sie ist bis zur Brust zu sehen. Der Hintergrund ist blau und in einer Sprechblase steht: Tbd. Über Menschen, Medien und Maschinen

Blog

Corporate Podcast: Reibt euch!

Wir zur Lage der Kommunikation – alles tbd. Heute: Katharina Teudt über nötigen Diskurs in Unternehmens-Podcasts

Katharina Teudt

Katharina Teudt

Senior Editor

Was können Corporate-Podcasts noch Spannendes erzählen? Anstatt interne Entwicklungen und Firmenerfolge zu beleuchten, empfiehlt sich das Prinzip „Reibung“. Zwar können wirtschaftlich getriebene Organisationen im Hörformat nach wie vor sinnstiftende Geschichten erzählen, die jenseits von monetären Interessen stehen. Einen wirklichen Impact schafft aber das Konzept des Round Table.

Treffen sich eine Redakteurin und ein IT-Spezialist – was wie ein Witz klingt, wird aktuell in Gesellschaft und Medien heiß diskutiert. Hintergrund ist die künstliche Intelligenz von ChatGPT , einem chatbasierten Dialogsystem, das auf maschinellem Lernen basiert. Die einen sehen in dem Tool einen großen Nutzen, die anderen eine große Bedrohung. Aktuell werden an diesem Fall die Chancen und Folgen des digitalen Fortschritts durchexerziert.

Eine kommunikative Steilvorlage für jedes Unternehmen, das sich in der digitalen Transformation befindet oder mit digitalen Systemen arbeitet. Wie positionieren sich Firmen, die diese KI bereits einsetzen? Welche Sorgen treiben die Verbraucher:innen um? Was sagt OpenAI, der Entwickler hinter der Maschine, dazu? Allein hieraus ließen sich etliche spannende Gespräche zur Digitalisierung und einem unbedingten Fortschrittswillen spinnen. Ein Podcast kann dieses Agendasurfing nicht nur mit neuen Perspektiven der Mitarbeitenden aufladen, sondern vor allem als Diskussionsformat aufgreifen.

Podcast als Talkshow im Hörformat

Die meisten Podcasts teilen Sichtweisen zweier Personen, lassen Expert:innen sprechen oder liefern Denkanstöße. Sie sind jedoch nicht auf Reibung, Diskussion oder gar Konfliktklärung ausgelegt. Doch was wäre, wenn ein Unternehmens-Podcast einem kontroversen Thema und dessen unterschiedlichen Perspektiven eine Dialogplattform bietet? Debatten anstößt und versucht, einen Konsens zu finden? Das Prinzip Talkshow also, nur eben zum Hören.

Was eine Marke authentisch macht, ist der offene Meinungsaustausch, der unterschiedliche und vor allem kontroverse Perspektiven zulässt.

Katharina Teudt, Senior Editor

Im Unternehmens-Podcast gewinnt das Konzept des Runden Tisches mit Gesprächen auf Augenhöhe eine ganz neue Dimension. Denn die Zwiegespräche haben etwas Intimes, fördern Offenheit und Zugewandtheit. Jede persönliche Geschichte eines Mitarbeitenden trägt zur Debatte bei und legitimiert sie gleichzeitig. So ist die zwanglose Talk-Atmosphäre nicht nur Futter für das eigene Narrativ, sondern kann es auch aufbrechen und verändern. Hier liegt das große Potenzial für Unternehmen. Eine Marke kann für gesellschaftlich relevante Werte wie Zusammenhalt und Fairness stehen, sich für Nachhaltigkeit und Klimaschutz einsetzen, Zukunftstrends befeuern usw. Was sie authentisch macht, ist jedoch der offene Meinungsaustausch, der unterschiedliche und vor allem kontroverse Perspektiven zulässt.

Wie Debatten Firmen-Podcasts bereichern

Unternehmens-Podcasts können auf der Basis mehr als gutes Agendasurfing bieten. Indem Organisationen verschiedene Meinungen und Perspektiven an einen Tisch bringen, öffnen sie den Dialog für neue Einsichten und vielleicht sogar Lösungen. Raus aus der eigenen Informationsblase und andere Meinungen zulassen – darauf muss sich auch der:die Absender:in einlassen. Doch es kann sich lohnen.

Denkbar sind dabei die unterschiedlichsten Begegnungen: Bürger:inneninitiativen und Kommunen sprechen über geplante Infrastrukturprojekte, Milchproduzent:innen und Veganer:innen über Ernährung, Automobilhersteller und Umweltaktivist:innen über Mobilität oder Journalist:innen und KI-Spezialist:innen über Texte. Dabei geht es nicht darum, um jeden Preis zu polarisieren. Vielmehr sollen alle aus ihrer Blase heraustreten, abwägen, Verständnis aufbringen.

So können Unternehmens-Podcasts über den eigenen Tellerrand schauen, weg von den Corporate-Themen, hin zum Purpose und dem zugehörigen Themensetting. Die eigene Expertise wird geschickt mit alltäglichen Fragestellungen verflochten, ohne belehrend zu wirken. Die Ansprüche sind aber zugegeben nicht gering: Die Sichtweisen sollen gerne auseinandergehen. Der Talk soll zwar nicht zu stark emotionalisieren, aber je persönlicher er ist, desto glaubhafter.

Mehr Mut zum offenen Dialog

Die Botschaft „Wir suchen den Austausch“ signalisiert Dialogbereitschaft gegenüber Kritiker:innen und zeigt den Willen zur Transparenz. Das schafft den nötigen Raum für die thematischen Botschaften, ob zu Digitalisierung, New Work oder Ernährungstrends. Eine gut gemachte Podcastfolge mit glaubhaften Gesprächsteilnehmer:innen kann der eigenen Reputation weit mehr dienen als eine teuer bezahlte Kampagne. In jedem Fall stärkt sie mit klarer Haltung und transparentem Austausch das eigene Narrativ als verlässliche:r Arbeitgeber:in oder versierte:r Branchenexpert:in – und suggeriert Offenheit gegenüber anderen Meinungen sowie die Bereitschaft, über den Tellerrand zu schauen. Ganz im Sinne offener, zugewandter Kommunikation: Lasst uns drüber reden – und Reibungen aushalten.

Über die Autorin

Katharina Teudt ist Senior Editor bei fischerAppelt. Sie konzipiert unter anderem Gesprächsthemen und narrative Anknüpfungspunkte für Unternehmens-Podcasts, wie zum Beispiel den preisgekrönten Podcast Let’s talk Milch  der Initiative Milch. Sie ist davon überzeugt, dass man mit starken Inhalten selbst festgefahrene Meinungsbilder ins Wanken bringen kann.