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Design ohne Purpose: Aufhübschen ohne Sinn

Wir zur Lage der Kommunikation – alles tbd. Heute: Jennifer Stoppel über Daten als Basis guter Designs.

Jennifer Stoppel

Jennifer Stoppel

Head of Brand Experience

Was ist Design überhaupt? Die meisten Menschen denken, dass es beim Designen darum geht, Dinge ästhetisch ansprechend und formschön zu gestalten. Dabei ist Design genauso sehr Kunst wie Handwerk – ein präziser und durchdachter Prozess, der manchmal sogar zu Lasten der Ästhetik selbst geht.

Design ist für alle da und für niemanden im Speziellen; es ist ein Kommunikationsmittel, das sich je nach Funktion und Zielsetzung verändert und anpasst. Ob Offline- oder Online-Design, 3D oder 2D, es ist ein komplexer und detaillierter Vorgang. Es geht darum, eine Welt zu schaffen, mit der sich die Menschen identifizieren und mit der sie sich verbunden fühlen können.

Design nur für die Lobeshymnen? Das verfehlt sein Ziel

Menschen verständigen sich über Sprachen und Designs. Jede Zielgruppe spricht dabei eine andere visuelle Sprache. Ich habe das Gefühl, dass ein Großteil aktueller Gestaltungen eher auf globalen Trends basiert als auf dem eigentlichen Zweck und der Funktion der Designs. Ich weiß, dass wir als Kreative eine gewisse Vorstellung davon haben, was gutes Design ausmacht. Aber wir sehen eben auch, dass exzellente und preisgekrönte Designentwürfe durch den Einfluss des Internets aktuell weltweit fast identisch sind. Sie scheinen alle auf ähnlichen Trends zu beruhen, und das lässt bei mir die Alarmglocken läuten. Denn wir leben in einer Welt voller Diversität, beeindruckender Kulturen und schier endloser visueller Möglichkeiten der Kommunikation. Entwerfen wir also noch für die Zielgruppen, oder entwerfen wir unsere Designs doch nur, um von der Design-Community gelobt zu werden?

Daten machen unsere Entwürfe zielgerichteter

Datengestütztes Design ermöglicht es uns, Performance und Interaktion besser zu steuern und fundiertere Design-Entscheidungen zu treffen. Die Technologie eröffnet uns neue Möglichkeiten, Konzepte zu erstellen und kreative Perspektiven zu erkunden. Wenn wir mit Daten-Insights arbeiten, können wir Designs mit passgenauer Funktion und Purpose erschaffen. Mehr noch, durch die Verknüpfung von Wissen und Kreativität mit digitalen Skills und analytischen Fähigkeiten können wir lösungsorientierte Entwürfe statt emotionsbasierter Entwürfe erstellen. Denn auch für uns Designer:innen ist es schwer, unseren Bias abzulegen und die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist – und nicht, wie wir sie uns vorstellen. Außerdem ist es einfach, ein Problem anzugehen und zu lösen, das jede:r sieht, aber es ist schwieriger, ein Problem zu lösen, das fast niemand sieht. Durch die Kombination von Daten und Tools in Verbindung mit kreativen Köpfen können wir Lösungen schaffen, die sich auf Erkenntnisse stützen, die kreative Innovation unterstützen und eine visuelle Sprache mit klarer Funktion und Zweck schaffen. Meine Kollegin Rena spricht in diesem Zusammenhang auch von „Heartificial Intelligence” .

Datengestützes Design ist communitybasiertes Design

Die meisten von uns sind in den sozialen Medien oder auf anderen Webplattformen aktiv. Daher hinterlassen wir eine süße Spur voller Daten. Es spielt keine Rolle, ob wir online oder offline arbeiten; wir können und sollten genau diese Datenspur nutzen, um uns zu orientieren – um Bewusstsein und Resonanz für unsere Projekte zu erzeugen. Wenn wir eine Social-Media-Kampagne oder Always-on-Inhalte erstellen, können wir mithilfe passender Tools unsere Projekte nachverfolgen und die Ergebnisse bei Bedarf schnell anpassen. Es gibt viele Tools, die uns helfen, unsere Arbeit zu bewerten, und mit den richtigen Skills können wir diese Informationen erschließen und so eine konstante Verbindung und eine zustimmungsfähige Kommunikation mit unseren Zielgruppen schaffen. Die Verbraucher:innen stehen dabei im Mittelpunkt, wir folgen ihnen und generieren daraus Leads. Das Schöne an der Sache ist, dass wir so gemeinsam mit der Community eine visuelle Sprache entwickeln. Datengesteuertes Design steht deshalb absolut im Einklang mit einem der Grundprinzipien von Design: Form follows function.

Unsere Aufgabe als Designer:innen ist es, die Möglichkeiten der Daten zu nutzen und sie in eine zielgerichtete, visuelle Sprache zu übersetzen.

Jennifer Stoppel, Head of Brand Experience

Killen Daten dann nicht irgendwann unsere Kreativität?

Viele fragen sich: Aber könnte datengesteuertes Design nicht irgendwann unseren kreativen Instinkt ausstechen? Natürlich, aber nur wenn wir es zulassen: Ich will nämlich nicht sagen, dass wir unsere kreativen Fähigkeiten, unser Wissen und unseren Geschmack, die wir im Laufe der Jahre gesammelt und entwickelt haben, komplett aufgeben sollen. Oder unser Verständnis für Zielgruppen und Markenerlebnisse. Es geht vielmehr darum, dass wir mit unseren gestalterischen Fähigkeiten einen Stil vermitteln, der vielleicht nicht unser eigener – für unsere Zielgruppe aber genau der richtige – ist.

Je mehr Entwürfe ich designt und Erfahrungen und Zeit ich in diesem Bereich gesammelt habe, desto klarer wird mir: Die Gestaltung mit Daten ist unerlässlich, um die Mechanismen und die Funktionsweise von visueller Kommunikation zu verstehen. Andernfalls ist Design nämlich nur dekorativ, hat aber keinen echten Sinn oder Zweck. Wir haben heutzutage die Möglichkeit, unsere Resultate direkt zu beeinflussen. Wir müssen nicht mehr statisch sein. Daten füllen den Schaffensraum mit unendlichen Möglichkeiten, da wir immer mehr über unsere Kund:innen erfahren können. Unsere Aufgabe als Designer:innen ist es, die Möglichkeiten der Daten zu nutzen und sie in eine zielgerichtete, visuelle Sprache zu übersetzen. Wir sollten uns wieder mehr darauf konzentrieren, die Menschen zu erreichen, die wir erreichen wollen – als Anerkennung für den bloßen ästhetischen Anspruch unser Designs zu erhalten. Schließlich ist es die Kreativität in der Kommunikation, die eine Marke und ein Unternehmen einzigartig macht.

Letzten Endes können wir so Inhalte und Designs mit Aussagekraft und Bedeutung liefern. Wir können unseren Projekten einen Sinn geben und der Kommunikation unserer Kund:innen Gehalt, Unterhaltungswert und Relevanz verleihen. Wir können die Menschen erreichen, die wir erreichen wollen. Und wir können Lösungen schaffen, von denen wir nicht einmal dachten, dass wir sie brauchen.

Über die Autorin

Jennifer Stoppel ist Head of Brand Experience und leitet das Kreations-Team in Hamburg. Bei fischerAppelt entwickelt sie mit ihrem multidisziplinären Team aus Designern und Art Directors dank eines ganzheitlichen Ansatzes Designs, Marken, Brand Spaces und visuelle Geschichten für B2B- und B2C-Kunden. Sie ist in Neuseeland aufgewachsen und hat die letzten zehn Jahre in Hamburg gearbeitet. Ihr Hands-on-Ansatz und ihre „Kiwi-Ingenuity” treiben sie an, stets kreative und neue Lösungen zu finden.